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Vorlauf durch Europa
Schon so lange ich mich zurück erinnern kann, war ich fasziniert von der grossen, weiten Welt und wollte sie mit eigenen Augen sehen. Das Velo entpuppte sich dabei für mich als ideales Fortbewegungsmittel um meinem Fernweh nachzugehen. Nach vielen kleineren Reisen reizte es mich länger und weiter zu verreisen. So kündete ich anfangs 2022 meine Wohnung und meine Arbeitsstelle. Ohne Zeitdruck und ohne Verpflichtungen zog ich mit meinem vollgepackten Velo namens Phönix am 7. Februar 2022 los. Ohne genauen Plan wollte ich so lange reisen bis ich keine Lust mehr habe oder mir das Geld ausgeht. Im Ersten Jahr besuchte ich den südlichsten-, westlichsten- und nördlichsten Punkt Europa, so wie das schwarze Meer und Griechenland. Nach dem ich den Winter in Neuseeland mit Wandern verbracht hatte, führte mich meine Reise im zweiten Jahr durch England, Irland, Schottland und schliesslich hinauf nach Island. In Island kam ein weiteres Mal der Herbst immer näher und ich überlegte, wo ich diesen Winter verbringen will. Wie im letzten Winter wollte ich auch wieder in den Süden, an die Wärme. Neuseeland hatte ich nun jedoch gesehen, Australien und Afrika reizten mich nicht wirklich und sind zu dieser Jahreszeit oft zu heiss. Da entdeckte ich auf der Karte einen weiteren Kontinent: Südamerika.
Start in Südamerika
Also flog ich mit Phönix und meiner ganzen Ausrüstung nach Ushuaia in den Sommer. Mein Plan war es, ab der südlichsten Stadt der Welt, in den Norden zu fahren. Etwa bis Peru, maximal bis Kolumbien und anschliessend eventuell noch ein Stück durch Mexiko und den Süden der USA, dachte ich.
Schon bald nach meinem Start kamen mir die ersten Fahrradreisende entgegen. Mehrere darunter hatten ihre Reise in den USA gestartet oder zum Teil sogar in Alaska und sind die gesamte Strecke durch Nord- und Südamerika gefahren. Da kam mir das erste Mal der Gedanke, dass auch ich die gesamte Strecke bis hinauf nach Alaska fahren könnte. Nordamerika war aber noch so weit weg und ich konzentrierte mich lieber auf nähere Ziele.
In Argentinien und Chile fand ich meistens noch sehr gute Infrastruktur, die sich meistens nicht gross von Europa unterschied. So kam ich schnell und einfach voran. Von Beginn an war für mich klar, dass ich unbedingt nach Bolivien und über den Altiplano fahren will. Da hoch oben in den Anden herrscht jedoch ein eigenes Klima. So fuhr ich mit etwas grösseren Etappen durch Chile, um vor dem eisigen Winter in Bolivien zu sein. Dank schönen Strassen war dies relativ leicht und ich kam erstaunlich gut und ohne grössere Probleme durch die Atacamawüste, die trockenste Wüste der Erde.
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Traumhafte Landschaften in Bolivien
In San Pedro de Atacama machte ich nochmals eine grössere Pause und bereitete mich auf den Anstieg vor. Anschliessend gings hinauf auf über 4000 m und ins Landesinnere von Bolivien. Nun erinnerte nichts mehr an Europa. Die Strassen waren sandig und mehrheitlich einfache Schotterpisten. Da mein Phönix nur 4 cm breite Reifen hatte, blieb ich regelmässig im Sand stecken und kam deutlich weniger schnell voran. Die Aussicht und die Schönheit der Landschaft entschädigten mich jedoch für alle Strapazen um das Mehrfache.
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Schneebedeckte Vulkane, farbige Lagunen mit unzähligen Flamingos und soweit das Auge reichte war nichts mehr von Menschenhand erschaffen. Immer wieder kreuzten Vicunjas, Viscachas und sogar Andenschakale meinen Weg. Als ich später wieder in etwas dichter besiedelte Gebiete kam, wurden die wilden Tiere von Lamas und Alpakas abgelöst, welche von Hirtinnen in bunten Kleidern gehütet wurden. Ich konnte mich an der Schönheit der Landschaft mit ihren exotischen Tieren fast nicht satt sehen und genoss es in vollen Zügen.
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Abenteuerliche Passüberquerung in Peru
In Peru kam ich in eine Region mit vielen Sehenswürdigkeiten und dementsprechend mehr Tourismus. Da ich schon mal da war, wollte ich mir diese Sehenswürdigkeiten auch ansehen und besuchte mit vielen anderen Touristen zusammen unter anderem den Regenbogenberg Vinicunca und den weltberühmte Machu Picchu. Nach dem Besuch des Machu Picchu hatte ich die Wahl über eine gute Strasse zurück zu fahren oder eine Abkürzung über den Salkantay Pass zu nehmen. Ich sah zwar auf der Karte, dass der Weg über den Pass mehrheitlich ein Wanderweg mit vielen steilen Abschnitten und nicht wirklich für ein schweres Tourenrad geeignet ist. «Irgendwie wird es schon gehen», dachte ich und nahm den Aufstieg in Angriff.
Schon bald konnte ich jedoch nicht mehr fahren und musste Phönix über Geröll den Berg hochschieben. Etwas später war auch dies nicht mehr möglich und ich musste ein Teil des Gepäcks hoch zu tragen, ein paar Meter weiteroben deponieren und Phönix mit dem Rest des Gepäcks holen gehen. So kam ich zwar voran, jedoch extrem langsam und schon bald begann meine Energie, Kraft und Motivation zu schwinden. Als mich zum zweiten Mal eine Karawane aus Maultieren ohne Gepäck überholte, fragte ich, ob sie mein Gepäck mitnehmen könnten. Nach kurzem Verhandeln fingen sie zwei Maultiere ein und beluden sie mit meinem Gepäck. So musste ich nun nur noch Phönix ohne Ausrüstung den Berg hochtragen. Auch ohne Gepäck hatte ich jedoch keine Chance mit den Maultieren Schritt zu halten und verlor sie bald aus den Augen. Da es nur einen Weg über den Pass gab, war ich zuversichtlich, sie später wieder zu finden.
Die Landschaft wurde immer wie wilder, die Bäume verschwanden und die Luft immer wie dünner und kälter. Natürlich hatte ich nicht daran gedacht wärmere Kleider für die Passhöhe bei mir zu behalten und so wurde es, als ich am späteren Nachmittag die Passhöhe erreichte, empfindlich kalt. So überlies ich die fantastische Aussicht den anderen Touristen mit Daunenjacke und nahm kurzärmlig wie ich war, sofort den Abstieg in Angriff. Auf der anderen Seite des Passes fand ich zwar mehrere Karawanen, welche das Nachtlager aufschlugen, doch meine war nicht dabei. Natürlich hatte ich sie nicht nach dem Namen gefragt und so blieb auch das Nachfragen bei den anderen Karawanen erfolglos. So bekam ich Angst, dass ich sie auf der Passhöhe übersehen hatte und kehrte ohne Phönix nochmals zurück.
Da oben war es nun noch kälter und die Sonne verschwand langsam hinter den Bergen. Weit und breit war keine Karawane mehr zu sehen. Also kehrte ich wieder zu Phönix zurück und überlegte unterwegs, was ich nun ohne Ausrüstung und ohne warme Kleider da oben auf 4500 m, Nachts bei bis zu -5 C° machen soll. Doch zu meinem Glück lagen dann meine Taschen neben Phönix und «mein» Karawanenführer wollte gerade losziehen um mich zu suchen. Sie hatten ihr Lager nur eine Kurve weiter aufgeschlagen und ich hätte bloss 50 m weiter gehen müssen, statt auf die Passhöhe zurück zu eilen. So zog ich mich schnell warm an und stellte mein Zelt zu denen der Karawanenführer. Da sie am nächsten Morgen bereits vor Sonnenaufgang weiterzogen, musste ich ab da meine ganze Ausrüstung wieder selber transportieren. Da es nun jedoch fast nur noch hinab ging, war dies einfacher und ich kam heil auf der anderen Seite an. War es eine gute Idee mit einem schwer beladenen Tourenrad diese Abkürzung über den Salkantay Pass nehmen? Definitiv nicht! Würde ich es wieder machen? Höchstwahrscheinlich schon!
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Durchquerung der Tropen
Nach dem ich wieder die Pazifikküste erreicht hatte, ging es einfacher voran. In Ecuador entschied ich mich 2 Wochen auf einem Biobauernhof als Volunteer zu arbeiten. So konnte ich meine bisherigen Erlebnisse etwas verarbeiten und die Reise weiter planen. Ursprünglich konnte ich mir vorstellen, dass hier mein Ziel wäre. Jetzt wollte ich unbedingt auch die Tropen mit dem Velo durchqueren. Ich war motiviert gesamt Südamerika zu befahren und meine Reise in den Norden, nach einer Überfahrt mit dem Segelboot nach Panama, nahtlos fortzusetzen.
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Zu meiner Überraschung kam ich erstaunlich gut mit dem feucht – warmen Klima zurecht. Auch mit der Sicherheitslage, die in dieser Region nicht immer ganz super ist, hatte ich nie Probleme. Einzig für die Nächte suchte ich nicht mehr versteckte Plätze mitten in der Natur, sondern ging vermehrt in Hotels. Da ein Zimmer meisten nur 5.- bis maximal 10.- Franken kostete, war dies auch keine teure Sache. Das günstigste Hotel war im Süden von Kolumbien und kostete sogar nur 2.50. Fand ich für einmal kein Hotel, so fragte ich bei Restaurants, Tankstellen, oder Feuerwachen für einen Platz zum Zelten und bekam fast immer problemlos ein Plätzchen. Der Höhepunkt dieser Region waren doch die vielen spannenden Tiere und vor allem die vielen frischen Früchte an fast jeder Kreuzung. Ich lebte nun praktisch nur noch von Bananen, Kokosnüssen, Cherimoyas, Rambutans und anderen Leckereien.
Zum Abschluss in den Hohen Norden
Da im Hohen Norden noch tiefer Winter mit viel Schnee und Eis herrschte, nahm ich es weiter gemütlich und besuchte im Süden der USA verschiedene Nationalparks und genoss das Wüstenklima. Als dann der Frühling endlich einzog, fuhr ich mit ihm zusammen in den Norden.
In Kanada musste ich mich dann definitiv entscheiden, wo ich denn nun hinfahren will. Es gibt in ganz Nordamerika nur zwei Strassen, die über den Polarkreis hinaus in den Norden führen. Der Dalton Highway in Alaska und der Dempster Highway in Kanada. Lange überlegte ich mir, über welchen Highway ich denn nun fahren soll. Denn eines war klar, wenn ich nun schon die gesamte Strecke von Ushuaia ganz im Süden, von Südamerika bis hinauf nach Kanada gefahren bin, so will ich meinen Weg noch bis ganz in den Norden zum Nordpolarmeer fortsetzen. Nach langem hin und her entschied ich mich schliesslich, länger in Kanada zu bleiben und für den Dempster-Highway.
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Diese Entscheidung bereute ich keinen Moment. Es war zwar sehr herausfordernd knapp 900 km über eine Schotterpiste zu fahren, wo es bis zu 600 km keinen Lebensmittelladen hatte. Am Ende klappte es jedoch überraschend gut und am 29. Juni 2025 um 23.00 Uhr kam ich unter der Mitternachtssonne in Tuktoyaktuk am Nordpolarmeer an. Somit hatte ich den gesamten amerikanische Doppelkontinent in genau 1,5 Jahren von Süden nach Norden mit dem Velo durchquert. Meine Gefühle spielten Achterbahn und noch nie war ich an einem Ziel so emotional…
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Zum Schluss noch Alaska
Nun hatte ich nur noch einen Punkt auf meiner Amerika-to-do-Liste offen: Alaska. So überquerte ich den nördlichste Grenzübergang Nordamerikas und reiste in Alaska ein. Die Landschaft war auch auf dieser Seite der Grenze atemberaubend, doch meine Energie begann langsam zu schwinden und meine Motivation war nicht mehr dieselbe. Also fuhr ich langsam Richtung Anchorage, der grössten Stadt Alaskas. Nach wenigen Tagen wechselte das Wetter. Die Berge verschwanden hinter Wolken und es begann zu regnen. Also verzichtete ich auf einen Besuch im Denali Nationalpark und flog von Anchorage zurück nach Europa.
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Nach der Reise ist vor der Reise
Nie hätte ich gedacht, dass meine Lust und Motivation zum Reisen vor dem Geld zu Ende gehen. In den 3,5 Jahren, in denen ich durch 4 Kontinente gereist bin, habe ich jedoch so viel erlebt und so viele Erfahrungen sammeln können, dass ich nun Zeit brauche um alles zu sortieren und zu verarbeiten. Gleichzeitig sehne ich mich auch wieder nach einem geordneten Leben, in dem ich nicht täglich einen neuen Schlafplatz suchen muss. Wieder eigene vier Wände, in die nicht ständig jemand Fremdes hineinkommt. Eine gut ausgestattete Küche und ein funktionierendes Badzimmer mit einer warmen Dusche.
Auch wenn mein Reisekonto noch nicht auf 0 ist, so will ich es in den nächsten Jahren erneut füllen, um wieder ohne Zeitdruck und ohne Verpflichtungen losziehen zu können. Sobald ich alles verarbeitet habe und mich das geregelte Leben von neuem langweilt, werde ich motiviert sein um ein weiterer Teil unseres Planeten auf dem Velo zu erkunden.
Meine Reise in Zahlen:
3,5 Jahre (Februar 2022 bis Juli 2025)
49 Länder
4 Kontinente
Mit dem Velo:
- 65‘261 km (1,6x die Länge des Äquators)
- 545‘420 Höhenmeter (61.6x die Höhe des Mount Everest)
Zu Fuss:
- 1‘600 km (0,04x die Länge des Äquators)
- 40‘000 Höhenmeter (4,5x die Höhe des Mount Everest)
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